Wie üben wir Yoga
Zuerst sollten wir wissen: Yoga hat nichts, gar nichts,
mit dem Wie der Handlungen des täglichen Lebens zu tun.
Und:
Den Yoga zu üben bedeutet das Aufheben
der Sperre gegenüber der angeborenen
Fähigkeit der Lösung und des Verzichts.
Yoga folgt seinen eigenen Gesetzen
Vielleicht ist ein Beispiel nützlich:
Es ging um den Text auf dem wöchentlich neuen Übungsblatt, besonders darum, wie wir mit diesem Text umgehen. Ich wollte der Schülerin erklären, wie das geschieht. Darauf bekam ich die Antwort, sie sei schließlich Lektorin in einem großen Verlag und wisse, wie man liest. Es hat dann eine Weile gedauert, bis wir uns geeinigt haben, dass Lesen nicht gleich Lesen ist. (Dabei habe ich gelernt, wie man die Zeitung liest.)
Wie üben wir?
In Indien ist das „Wie“ des Übens klipp und klar in den Yoga-Sūtras festgelegt, welche in der Sanskritsprache verfasst sind. Wenn wir davon abweichen (müssen), weil wir in einem anderen Kulturkreis leben, müssen wir uns die Tatsache, etwas verändert zu haben, gut merken, damit nicht ein Kompromiss dem anderen aufgestockt wird.
Deshalb sagen wir oft: „Wir leihen uns erst einmal ein deutsches Wort“, einen Begriff, der wenigstens annähernd die Bedeutung des gemeinten Yogabegriffs wiedergibt. Und dieses Ausleihen hat bei dem Text, den wir hier lesen, schon begonnen, denn selbst das Wort „Üben“ ist geliehen.
Yogaworte in der Sanskritsprache sind stets eingebunden in eine Folge von Worten, erst ihr begrifflicher und klanglicher Zusammenhang mit vorausgehenden und nachfolgenden Worten ergibt ihren Sinn.
Der Begriff „Üben“ – in unserem Denkstil – kann beliebig gebraucht werden, der entsprechende Sanskritbegriff abhyāsa (Yoga-Sūtra I,12) jedoch ist innig an seinen Zusammenhang gebunden. Wir können uns darauf verlassen, dass wir im Laufe der Zeit das geliehene Wort mit Dank zurückgeben und aus eigener Erfahrung wissen, was das Original-Sanskritwort meint.
„Wie wir üben“ heißt also, wir fangen dort an, wo wir stehen, und sind darauf gefasst, dass sich vieles – in uns und um uns – ändern, bessern, korrigieren wird.
Wenn sich Yoga auf das Alltägliche des Körpers, der Familie, der Arbeit usw. auswirken soll, muss sein Übungsfeld vom Alltag abgesetzt sein. Anders ausgedrückt: Die Wege des täglichen Lebens bestimmen wir (größtenteils) selbst. Im Yoga üben wir jedoch nach Anweisung. Auf der Matte gelten nicht die mitgebrachten Spielregeln. Unsere Chance besteht darin, neue Regeln wirken zu lassen.
Weil aber keinem Menschen zugemutet werden kann (und zugemutet werden sollte), blindlings einem – vielleicht sogar berühmten – Lehrer sein Vertrauen zu schenken, ist Kontrolle nötig. Kontrolle im Yoga ist Studium. Es gibt genügend – leicht verstehbare – Primärliteratur, anhand welcher sich der Übende von der Seriosität seiner Schule überzeugen kann. Der seriöse Yogalehrer wird über seine Tradition Auskunft geben und entsprechende Studien veranlassen.
Yoga Nidrā – Der Heilschlaf der Yogis
Zwei Übungen von jeweils 30 Min