Immer der Nase nach – Die Sinnesorgane
Immer der Nase nach.
Das klingt zwar salopp, stimmt aber.
Olfaktorius, der Riechnerv, spielt eine wichtige Rolle in unserer gesamten Entwicklung. Der Geruchssinn ist wohl von Geburt an (oder noch früher?) aktiv und die Riechschwelle ziemlich niedrig. Das Neugeborene „riecht“ die Mutter viel eher als es sie sieht.
In der weiteren Entwicklung bleibt unsere Wahrnehmung intensiv mit Gerüchen verbunden, allerdings ohne vergleichbaren Niederschlag im Bewusstsein, wie er von anderen Sinneswahrnehmungen ausgelöst wird. Wir lernen das, was wir hören und sehen. Daraufhin werden wir geprüft. Menge und Qualität des Gehörten und Gesehenen bestimmt offiziell unsere Lebenserfahrung sowie die damit verbundenen, bzw. zugemessenen, Fähigkeiten zur Bewältigung unserer Aufgaben. Sinneswahrnehmungen im Bereich der Gefühle bleiben dabei weitgehend und im Raum der Gerüche und des Schmeckens ganz unbeachtet.
Viele Erscheinungen der unliebsamen Art – ein Beispiel, das Rauchen – lassen sich so erklären und ließen sich von dort her auch beheben.
Im heilkundlichen Bereich wird häufig das Wort „ganzheitlich“ gebraucht, allerdings ohne einleuchtende Erklärung, was damit gemeint ist. Tröstlich wirkt dann, dass die Praxis dieses Anspruchs besser aussieht als ihr konzeptioneller Hintergrund. Nur schade, wenn die Praktiker sich dann auch nicht rechtfertigen und zu erklären wissen, aus welchem Grund sie duftende Bäder, Myrrhe und Weihrauch (Räucherstäbchen) anwenden und, nicht inhaltlich, aber klanglich bedeutsame Worte (Mantrams) sagen.
Der Yoga geht ganz andere Wege. Eine Putzkolonne kann nur den Schmutz beseitigen, den sie kennt. Ein Übender kann śauca, Reinigung, nur dort zulassen, wo er Ablagerungen, Verkrustungen, veraltete Denkformen und ihre Auswirkungen – seltener – sieht oder von ihnen hört, -häufiger – wo er sie riecht und schmeckt und ihre Wirkungen fühlt.
Auf eine oder einige der dafür vorgesehenen Sinneswahrnehmungen zu verzichten ist fahrlässig. Dass ihr Hervortreten aus der Verbannung in das Unbewusste oder in die schlichte Nichtbeachtung Erstaunen und Unpässlichkeiten – manche sagen, Reaktivierung unterdrückter Krankheiten – hervorruft, erfordert die Gegenwart des kundigen Lehrers und Therapeuten.
Die Nase ist nicht nur Riech-, sondern – noch viel mehr – Atemorgan. Ihre Beachtung, Pflege und Reinigung steht bei manchen Yogapraktiken an erster Stelle. Aber auch auf dem klassischen Weg der Yogasūtras spielen Atem (prāna) und Reinigung (śauca) als heilkundliche Maßnahmen eine verbindende und weiterführende Rolle. Ohne prāṇa (Atem, Lebenskraft, Energie, die im Atem am deutlichsten in Erscheinung tritt) kein prāṇāyāma und ohne dieses kein Weiterkommen auf dem Bewusstseins- und Heilungsweg der Yogis.
Als Ein- und Austrittspforte von prāṇa hat die Nase eine entscheidende Aufgabe.
Wer keine angenehmen Düfte kennt, kann nicht richtig atmen, und wer den unliebsamen ausweicht, kann sie weder kennen noch beseitigen.
bāhya-abhyantara-stambha-vṛttir deśa-kāla-saṃkhyābhiḥ paridṛṣṭo dīrgha-sūkṣmah
Yoga-Sūtra II,50
Die Atemregelung besteht aus den Vorgängen des Ausatmens, Einatmens
und Anhaltens, und ist lang oder subtil, wenn Ort, Dauer und Zählung
beachtet werden.
Yoga Nidrā – Der Heilschlaf der Yogis
Zwei Übungen von jeweils 30 Min