Ein Ruck
Der neue Bundespräsident bezieht sich auf einen seiner Vorgänger und stattet, gleich bei seinem Amtsantritt, dessen Wort mit neuem Elan aus:
„Ein Ruck muss durch unser Land gehen.“
Fast schelmisch fügt er hinzu: „Nun warten alle auf den Ruck.“ Wir erlauben uns eine Frage an die Herren Präsidenten: „Wie geht das – ein Ruck?“ Wir sind daran gewöhnt wichtige Dinge so zu lernen, dass wir sie richtig machen. Wo, bitte, lernt man einen richtigen Ruck?
Es wird uns sicher erlaubt sein – einmal außerhalb unseres direkten Arbeitsfeldes – dazu eine Antwort aus dem Yogabereich zu geben.
Vorlagen für einen kollektiven Ruck gibt es nicht, nicht mehr, die Geschichte lehrt uns, warum das gut ist.
Nach den noch immer wirksamen Erfahrungen der Vergangenheit hat sich die Motivation zur Handlung auf den Einzelnen verlagert. Jeder übernimmt Verantwortung für sich selbst. Das ist auch gut so.
Eine Einrichtung zur Besinnung auf eigene Verantwortung ist der Yoga. Yoga kennt – beim einzelnen Menschen – Methoden, ruhende Kräfte in Impulse, in Bewegung umzusetzen.
Im Stil der Yogalehre geschieht eine solche Umwandlung niemals vor Ort. Alles im Yoga ist an das Format bestimmter, nicht zu Erfolg verpflichteter Übungen geknüpft; an Übungen, die keinen Zusammenhang mit vorgefassten Absichten erkennen lassen.
Der Yoga vertraut auf die Grundmatrix, auf die autonome Weiterwirkung elementarster Verlaufsformen. Als Beispiel: Der Yogi macht keine Atemübungen, er lässt sich vielmehr auf die „Initiative“ des Atems ein. Er erkennt im Atemrhythmus den Ursprung buchstäblich aller Erscheinungen.
Die Praxis: Aus dem Dreiklang von Einatmung, Ausatmung und Atempause ergibt sich ein Grundmodell, dessen Formen wir, angefangen bei unseren Gedanken und den Gefühlen, über die Gestalt des eigenen Körpers bis zu allen Gestalten der Welt, wieder treffen.
Der Ruck, der das ganze Wesen durchzieht, wird nicht veranstaltet und ist auch nicht abschaltbar. Es ist der in Achtsamkeit erlebte Einatemimpuls nach der mit noch größerer Aufmerksamkeit erlebten Atempause. Man kann sagen, er hinterlässt keine im abrufbaren Gedächtnis lagernden Spuren, oder man sagt: alle Spuren, auch das Gedächtnis selbst, sind sein Werk.
Noch einmal, entweder – oder: der Lernvorgang, den Ruck zu spüren, findet unter Abschirmung durch einen erfahrenen Lehrer statt – oder gar nicht.
Der Übergang vom subtilen und eigenen Bereich in die nach außen gehende und soziale Wirksamkeit erfolgt langsam aber unaufhaltsam.
Dort, wo der „Ruck“ ausgelöst wurde, wird seine Auswirkung zuerst erkannt.
Yoga Nidrā – Der Heilschlaf der Yogis
Zwei Übungen von jeweils 30 Min