Yoga-Vidyā – Ein Kompromiss – Seite 2
Anknüpfend an die eingestandene Unmöglichkeit, Yoga-Wissen Nichtübenden vermitteln zu können, läuft die wünschenswerte Zusammenarbeit entweder ins Leere oder wird durch den Zugriff auf einen Kompromiss gerettet. Nachdem aber Yoga die Kunst des Kompromisses einschließt, sind wir von der Rettung gar nicht so weit entfernt.
Die Lehre des Sri Chaitanya Mahaprabhu (1486-1534) könnte uns die erwünschte Hilfe leisten:
acintya-bhedābheda-tattva
Acintya-bhedābheda-tattva heißt so viel wie „Die unfassbare Tatsache der (gleichzeitigen) Zweiheit/Nichtzweiheit“.
Als alltäglicher Vorgang steht der Satz für das – denkbare – lebenserhaltende Gleichgewicht der Gegensätze. Er steht für die natürliche, polare Zwiespältigkeit der Persönlichkeit und für die nicht auslöschbare gegenseitige Abhängigkeit aller Erscheinungen.
Leider finden wir uns bei größeren Ereignissen meistens in den Beeinflussungsmechanismen der üblichen Informationslawine wieder, die schwarz oder weiß malt, von gut oder schlecht spricht, aber kaum die notwendig vorhandene polar andere Seite des Bildes würdigt.
Wenn wir uns gegen derartigen fremden Einfluss wappnen wollen, bedarf es sehr wohl des übenden Umganges mit besonderen Techniken, zum Beispiel dem Ausführen der Yoga-Übungen in einer leicht überschaubaren Ordnung. Das ist der Ort, an dem der moderne Yoga am deutlichsten seinen Kompromiss zu entfalten beginnt.
Die Yoga-Stunde verbindet die Alltagssituation mit dem übergeordneten Prinzip in der Übung.
Die oben genannte Lehrsatzperspektive ist dafür nur ein, wenn auch wichtiges, Beispiel. Eigene Einsichten und Erfahrungen werden im Format der Übungen gemacht und vertieft, ihre Erweiterung in die persönliche Struktur des Übenden ist – bei anhaltender Übung – ein Vorgang ohne seine weitere Mithilfe.