Welche Art von Yoga unterrichten Sie?

Frage: Welche Art von Yoga unterrichten Sie?
Antwort: Es hat sich eingebürgert von Hatha-Yoga zu sprechen, wenn das Einnehmen von Körperhaltungen gemeint ist. Das ist falsch, selbst dann, wenn der Begriff auch von unserem Lehrer, Selvarajan Yesudian, gebraucht wurde. Wir haben die Wochen-Übungsstunde ebenfalls so genannt. Richtiger ist es – in unserem Fall – von „Yesudian-Yoga“ zu sprechen. Aber das wäre auch nur ein nach außen hin geltender Name, gewissermaßen zur Groborientierung. Im Unterrichtsbereich gelten dann die Sanskritworte und -begriffe, weil wir auf deren Wirksamkeit nicht verzichten wollen. Der Begriff „aṣṭāṅga-yoga„, „Yoga der acht Glieder“, bezeichnet unseren Stil am besten.

F: Was ist Hatha-Yoga?
A: Das ist die Kurzform für ein in sich geschlossenes Übungssystem, formuliert in der Hatha-Yoga Pradipika des Svatmarama. Dieser Name wird von B.K.S. Iyengar mit „Leuchte des strengen Yoga“ übersetzt. Hans-Ulrich Rieker hat eine sehr gute Übersetzung geliefert: „Das klassische Yoga-Lehrbuch Indiens“, Rascher-Verlag. Für uns ergibt sich eine gewisse Problematik aus dem Wort „hatha“, das sowohl im Sinne von „gewaltsam“, sogar „gegen den Willen“, gebraucht wird und auf jeden Fall „eine strenge Zucht“ vorschreibt. Der manchmal auftauchenden Meinung, Hatha-Yoga sorge „zunächst“ für körperliche Gesundheit, können wir nicht beitreten – Heilung kann weder im Yoga noch sonstwo unterteilt werden.

F: Sie sagen, Fragen werden für die Beantwortung durch den inneren Meister in der Schwebe gehalten. Wie geht das?
A: Nicht ohne die zugehörige Technik. Diese Technik – sie heißt im Yoga „Schau der Wahrheit“ – kennt drei Stufen mit den Namen śravaṇa, manana und nididhyāsana. Wie immer wird der Übende zuerst in eine günstige Ausgangsposition gestellt, d. h. es wird ihm nicht erlaubt, in einer beliebigen Haltung Fragen zu stellen (oder sonst zu handeln). Klartext: Ausgangspunkt für Übungen im Yoga ist die gerade Sitzhaltung. Im Zusammenhang mit unserem Thema bedeutet śravana Hören, die Frage wird klar umrissen „gehört“; manana bedeutet Schlussfolgern, die Frage wird „so weit mein Verstand reicht“ erforscht. Dann erst, nachdem ich das Meine erschöpfend getan habe, macht nididhyāsana Sinn. Prof. Dr. Sarvapalli Radhakrishnan nennt diesen Vorgang „intellektuelles Bewusstsein in lebendiges Bewusstsein verwandeln“ – ein Geschehen für das es außerhalb seines Vollzuges keine Erklärung gibt.

F: „Wir gehen an die Schmerzgrenze“ ist eine oft gehörte Anweisung im Unterricht, die noch ergänzt wird durch den Zusatz „deutlich, aber behutsam“. Die Situation ist so sensibilisiert, dass ich den „Schmerz“ wirklich nur antippe und manchmal denke, ich sollte stärker „hineingehen“. Sollte ich das?
A: Nein. Das Wesentliche haben Sie schon gesagt: Üben ist keine übliche, sondern eine besondere Situation, bei der Sensibilisierung, „Empfindsammachen“ Voraussetzung ist. Hinzu kommt unser Umgang mit dem so genannten „Arndt-Schulz-Gesetz“ (stammt von zwei Greifswalder Professoren), welches besagt: Kleine Reize fördern, große hemmen und größte lähmen.