tapas
Die Übung
Hoppla,
sind Sie etwa gestolpert? Über Askese?
Das wird Ihnen im Yoga noch öfter passieren. Oft
hören Sie Wörter, die nicht nur die Füße zum Straucheln bringen.
Aber deshalb läuft man doch nicht weg.
In unserer Schule sagen wir nicht „Askese“, auch nicht „Strenge“, auch nicht „strenge Übung“, wenn wir von tapas reden. Wer es mit sich ehrlich meint, und auch das wird der Yoga dem Übenden oft abverlangen, kommt mit dem schlichten Begriff „Übung“ ganz gut zurecht. Wodurch sonst als durch Beharrlichkeit und Ausdauer würde sich denn das Üben vom Nichtüben unterscheiden? Im Duden wird der Asket u.a. als „jemand, der sich in etwas übt“, bezeichnet. Statt dem Wort Übung extra Schärfe hinzuzufügen, geht der Yoga andere Wege.
Das heißt: Ein Begriff oder eine Übung steht im Yoga in einem ganz bestimmten gestuften Zusammenhang mit ihrem Umfeld, außerhalb dieses Zusammenhangs gelten die Yogaregeln nicht. So wie āsanas, die Körperhaltungen, in einer sportlich, gymnastisch oder heilpädagogisch geprägten Umgebung ihre Wirkung gar nicht entfalten können, so können auch andere Maßnahmen des Yoga nicht gedeihen, wenn ihre Einbindung fehlt. Die in einer Übungsstufe entstehenden Kräfte, vielleicht der Freude, vielleicht des Schmerzes, werden von der nächsten aufgefangen und weitergeleitet, so lange, bis der Übungskreis in sich geschlossen ist. Dieser Ablauf ist gemeint, wenn von Yoga gesprochen wird (siehe Yogasūtra III,6). Niemals wird ein Übender mit seinen Erlebnissen – auf der Übungsmatte und auch sonst – allein gelassen, nicht vom Lehrer und erst recht nicht vom System. Diese Erkenntnis wird beim Übenden jedoch nur langsam Fuß fassen und immer wieder auf Skepsis stoßen, besonders bei tapas, weil dabei erst einmal das Unbehagen überwiegt.
Wärme, Hitze, wie tapas auch genannt wird, entsteht durch „Verbrennung“, die Yogis sagen, der inneren und äußeren Unreinheiten. Das Verfahren ist nicht gerade gemütlich, gewöhnlich führen wir uns Wärme und Wissen aus anderen Quellen zu; mit tapas wird Betriebswärme und verborgenes Wissen aus dem träge gewordenen eigenen Bestand zum Vorschein gebracht. Dass bei diesem Prozess gebündelt körperliche und geistige und soziale, unlebendige, zu Schlacken gewordene Ablagerungen – manchmal Erfahrungen genannt – eingeschmolzen werden, bringt Unbequemlichkeiten mit sich, ist aber der eigentliche Grund weshalb der Yoga als „heilsam“ gilt.
Mit tapas wird das zweite Kapitel und damit der zweite, mögliche Weg des
Yoga nach Patañjali eingeleitet.
tapaḥ-svādhyāya-īśvarapranidhãnãni kriyā-yogaḥ
Askese (ständige Übung), Selbststudium und
(Hingabe an der Herrn machen den Yoga der Tat aus.)
YS II,1
Im Gegensatz zu dem von selbst geschehenden Yoga des ersten Kapitels können wir auf dem Weg des zweiten Kapitels tatkräftig mitwirken. Und wenn wir stolpern, wieder aufstehen. Das ist es, was unser Lehrer, Selvarajan Yesudian, mit seinem Buchtitel meint, „Steh auf und sei frei“.
Yoga Nidrā – Der Heilschlaf der Yogis
Zwei Übungen von jeweils 30 Min