Yoga und Naturheilkunde
Berichten zufolge behandeln östliche Ärzte ihre Patienten zunehmend nach Gesichtspunkten der westlichen Medizin. Im Westen dagegen suchen immer mehr Menschen Hilfe durch Anwendungen und Techniken aus dem Osten. Beide Richtungen miteinander zu verknüpfen ist auch unser Anliegen.
Yoga und Naturheilkunde
- Natur = das aus sich selbst (dem Selbst) Gewordene, die Schöpfung
- Heilen = jemand auf den Weg zu sich selbst bringen
- Kunde = sowohl Botschaft wie auch Wissenschaft
Wenn man auf einem Berg steht, ist der Blick nach Westen anders als der nach Osten: Von Westen nach Osten sehen die gleichen Dinge anders aus als von Osten nach Westen. Der Yog des Westens hat einen anderen Blickwinkel als der Yogi des Ostens.
Binsenweisheiten machen uns oft am meisten zu schaffen, einfach weil wir meinen, ihre Aussagen nicht prüfen zu müssen. Doch eins und eins ist nur dort zwei, wo ein bestimmtes Zählsystem Voraussetzung ist. Fachleute, in diesem Fall Mathematiker, können darüber nur lächeln, womit nicht gesagt ist, dass sie nicht selbst – oder wir alle – auch in eine solche Falle tappen, wenn es sich um ein anderes Fach handelt.
Unser Wissen ist nicht nur mengenmäßig umfangreicher geworden, sondern hat sich vor allem qualitativ um die aktuell notwendige Auswahl des Standpunktes der Betrachtung, des aktuell zu wählenden Paradigmas erweitert. Eine rein westlich-abendländische Schau gibt es nirgendwo mehr. Mit der bewussten Wahl des Standortes hängen Lebensqualität und Leistungsfähigkeit eng zusammen.
Im Bereich der Heilkunde und im Yoga treten die Unterschiede zwischen Ost und West – also die Entscheidung der Blickrichtung: von West nach Ost oder von Ost nach West-, besonders deutlich in Erscheinung.
Ein gutes Beispiel ist unser Thema „Yoga und Naturheilkunde“. Mit West-Ost Blickrichtung läßt sich sagen: Der Yoga wirkt durch die Kräfte der inneren, die Naturheilkunde durch die der äußeren Natur. Umgekehrt, von Osten nach Westen betrachtet: Die äußere Natur ist als Projektion der inneren mit dieser identisch.
Beide Standpunkte haben ihr Recht, ihre klare Darstellung ist im Yoga vordringliche Sache des Lehrers. Der therapeutische Umgang mit Kräften erhält so eine übersichtliche Ordnung wodurch ständig wiederkehrende Verwechslungen der Ebenen, zum Beispiel zwischen dem innerem und dem äußerem Arzt, zwischen „kurieren“ und „heilen“ oder zwischen individueller und sozialer Verantwortlichkeit vermieden werden.
Der Yoga sagt: Das Individuum erlebt sich in einer gültigen Weise zeitweilig mehr innen (z. B. im Traumzustand) und ein anderes Mal (im Wachzustand) mehr außen. Die so entstehenden unterschiedlichen Ansatzpunkte werden in der Yoga-Therapie erkannt und berücksichtigt.
Die in über fünfzig Jahren sich täglich erneuernde Erfahrung zeigt uns, wo der Kern im Yoga auftauchender Probleme liegt. Denn der Yogaunterricht, ein tiefgreifendes heilkundliches Geschehen, macht das Problem und den zugehörigen Lösungsansatz – sowohl heilkundlich, wie auch sozial weiterwirkend – besonders anschaulich.
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, was gemeint ist: Das Thema „Intuition“. Der Vergleich mit dem Sanskritbegriff „śruti“ (das Hören, das Gehörte) führte zu einer genaueren Betrachtung.
Die Vermutung einer gewissen Übereinstimmung beider Begriffe war das Ergebnis. Und tatsächlich, die Vermutung schien bestätigt zu sein, denn gemäß dem Duden bedeutet Intuition „ahnendes Erfassen“. Doch gerade hier steckt das Problem: śruti bedeutet nicht erfassen“, sondern – nach dem Blickwechsel – das Gegenteil „erfasst werden“, „sich erfassen lassen“.
Beispiele dieser Art ließen sich ohne Ende fortsetzen. Aber grundsätzlich geht die Yogaschule nicht den Weg der Argumentation, Argumente mögen noch so scharfsinnig sein, sie sind kein Yoga-Instrument. Statt dessen kennt der Yoga knappe, deutliche Anweisungen, deren Ausführung eigene Erkenntnis mit sich bringt.
Exakt an dieser Stelle hat die Yogaschule im Westen Brücken zu bauen: Westliche Heilkunst will überzeugen – Yoga will befolgt werden. Beide Vorgehensweisen müssen aufeinander abgestimmt werden damit Yoga und Naturheilkunde einander ergänzen.
Yoga Nidrā – Der Heilschlaf der Yogis
Zwei Übungen von jeweils 30 Min