Rudolf Fuchs im Interview mit dem Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY)
Das Interview kann auf Youtube angesehen werden (Das Bild ist ebenfalls mit dem Video auf Youtube verlinkt)
Das Interview mit Rudolf Fuchs führte Claudia Müller im April 2016 in Stuttgart.
Wie kamen Sie zum Yoga?
Ich war in Wetzlar bei einem Schwager, der hatte in seinem Regal ein Buch stehen: »Ich lerne Yoga« von Hans-Ulrich Rieker. Das war der erste konkrete Schritt zum Yoga bei mir. Dass ich dieses Büchlein gelesen habe, fiel dann damit zusammen, dass ich eine Bekannte traf, die sagte: »Ich gehe jetzt zu Herrn Hildebrand.« Das war an einem Freitag. Am nächsten Freitag war ich auch dort. Und so habe ich Anfang der sechziger Jahre Herbert Hildebrand, meinen Yogalehrer, kennengelernt.
Fünf Jahre lang bin ich jeden Freitag bei ihm zum Yoga- Unterricht gegangen – ohne irgendeine Unterbrechung. Er hat mir dann erlaubt, den Yoga weiterzugeben. In der gleichen Zeit habe ich meine bereits zuvor begonnene Heilpraktiker-Ausbildung bei Hellmut Wolff vollendet, einem Philosophen und Mystiker, der in München und welt- weit Vorträge gehalten hat.
1965 konnte ich meine Praxis eröffnen und gleichzeitig mit dem Yoga-Unterricht beginnen.
Vor kurzem haben Sie den 50. Geburtstag Ihrer Yoga-Schule Stuttgart gefeiert
1965 eröffneten wir die Yoga-Schule Stuttgart, zunächst in Ludwigsburg. Dann fanden wir Räume im Stuttgarter Westen und seit 1981 sind wir hier in diesem Anwesen auf dem Frauenkopf.
Zum Artikel 50 Jahre Yoga Schule Stuttgart
Wie kamen damals die Teilnehmer zu Ihnen?
Der Yoga hat damals noch einen gewissen Sog ausgeübt. Heute muss man werben für Yoga. Das war damals überhaupt nicht so. Die Leute waren sehr interessiert. Ich habe Briefe bekommen, in denen sie mir geschrieben haben, sie hätten zufälligerweise davon gehört, dass es eine Yogaschule in Stuttgart gibt, und das hat sich dann herumgesprochen. Das ging nicht schnell, aber im Laufe der Jahre hat sich eine gewisse Teilnehmerschar zusammengefunden. Dazu kam, dass ich auch eine Heilpraxis hatte und ich dort den Patienten gesagt habe, es wäre schön, wenn ihr auch mit Yoga üben würdet.
Wie haben Sie unterrichtet?
Ich unterrichte in der Tradition von Yesudian. Als ich angefangen habe, hatte ich Yesudian noch niemals gesehen. Einige meine Schüler waren bei Yesudian und haben mich dann gefragt: Dürfen Sie denn das? Später habe ich Yesudian kennengelernt. Aber zu der Zeit, als ich angefangen habe zu unterrichten, habe ich übernommen, was ich die fünf Jahre von meinem Lehrer Herbert Hildebrand mitbekommen habe. Was bei mir damals mit Links geschehen konnte, dass die Erlaubnis zu Unterrichten einfach en passant dabei war, das geht heute nicht mehr. Heute muss die Ausbildung einen formalen Rahmen haben.
Der BDY hat dafür gesorgt, dass eine gewisse Grundorientierung da ist, wie der Yoga weitergegeben wird. Denn es kann auch aller möglicher Unsinn mit Yoga getrieben werden.
Wie hat sich Ihr Unterricht weiterentwickelt?
»Sport und Yoga« von Yesudian hatte eine große Bedeutung für mich. Bis ich dann gemerkt habe, das allein kann es nicht sein. Dann kam Vedanta dazu. Herbert Hildebrand hatte Schriften ausliegen: Vedanta for East and West. Anfang der 80er Jahre haben wir begonnen, die ganze Isha- und die Māndūkya-Upanishad zu übersetzen und zu rezitieren.
Wann kamen Sie zum BDY?
Ich war bei Gründung des BDY 1967 nicht dabei. Aber zum zweiten Treffen am Ammersee bei Frau Hopfner bin ich gefahren. Ich gehörte lange der Ausbildungsgruppe des BDY an. Wir haben uns in Fulda getroffen und ein Gerüst für die Yoga-Lehrerausbildung aufgebaut.
Was ist Ihnen wichtig in Bezug auf die Vermittlung von Yoga?
Die ersten 14 Worte der Yoga-Sutren sagen alles:
atha yoga-anuśāsanaṃ
yogaś citta-vṛtti-nirodhaḥ
tadā draṣṭuḥ svarūpe’vasthānam
vṛtti-sãrūpyam itaratra
Da steht alles drin.
Das Wort nirodha heißt wörtlich Ende. Das Ende des denkenden Gemüts. Was bleibt übrig, wenn mein Gemüt nicht mehr denkt? Da ist nichts mehr. Yoga beginnt nicht mit etwas, sondern Yoga macht erst mal Schluss mit etwas. Und dann kann es neu losgehen. Der Yoga will lebendig sein in uns. Deshalb fangen wir ganz neu an. In der Tradition von Yesudian ist das Wort wichtig. Wenn wir zum Beispiel vrksāsana üben, ist die Übung getan, wenn das Wort gesprochen ist. Die physische Übung wollen wir nicht vernachlässigen, aber wichtiger ist das Wort.
Wir sagen: »Ich bin ein Baum«. Das in mir sich Bäumende ist das Entscheidende. Der lebendige Geist, der dahintersteht ein Baum zu sein, der muss erhalten bleiben. Ich sage gerne bei einer Übung, wir ändern temporär unsere Identität. Jetzt bin ich ein Baum.
Was fasziniert Sie am Yoga?
Fasziniert hat mich die zwingende Frage »Wer bin ich?«. Und bitte ohne Begehr nach Antwort. Das habe ich in dieser Dichte nirgendwo anders gefunden. Das Leben selbst in seiner ganzen Vielfalt ist die Antwort. Aber es wäre dumm zu glauben, dass es nur dieses Leben gibt. Es gibt ein darüber hinausgehendes Leben, das wir manchmal als Ewigkeit bezeichnen.
Was hat sich in Ihrer persönlichen Yoga- Praxis über die Jahrzehnte verändert?
Verändert? Nein, der Ashtanga-Weg nach Patañjali war immer meine Basis. Was ich nicht mehr kann, habe ich zur Seite gelegt. Anderes übe ich regelmäßig. Zum Beispiel das Tönen »I- A-O-Om« nach Yesudian. Die Wirkung ist groß, wenn es schwingt und klingt. Körperlich übe ich jetzt vor allem Gleichgewichtshaltungen.
Wie sehen Sie den Yoga heute?
Man braucht eine gewisse Strenge im Yoga. Ich meine, dass Yoga oft degradiert wird, indem man Yoga-Übungen herausgreift und zum Beispiel therapeutisch einsetzt. Das ist sicher sinnvoll, aber es ist nicht Yoga. Mein Trost ist allerdings, dass man nicht unbescholten āsana üben kann, ohne dass weitere Fragen drum herum lebendig werden. Alles kulminiert an einer bestimmten Stelle. Wenn sich jetzt der Markt sättigt mit allem, was man so Yoga nennt, wird die Frage auftauchen, was dahinter steht.
Was sagen Sie dazu, dass überwiegend Frauen in die Yoga-Kurse kommen?
Ich schaue in jedem »Deutschen Yoga-Forum« bei den Yogalehrern, die die Ausbildung beendet haben, wie viele Männer dabei sind. Unter 30 oder 40 neuen
Yogalehrern finde ich meist nur zwei. Auch in meinem Unterricht sind die Männer entschwunden. Ich habe dazu die These, dass Yoga maskulin ist. Konsequenz gehört auf jeden Fall dazu. Und Frauen haben eine hohe Affinität zum Maskulinen.
Was erwarten Sie für die Zukunft des Yoga in Deutschland?
Darf ich träumen? Mein Wunsch wäre, eine Stiftung zu gründen. Ich habe bergeweise Unterlagen, handschriftlich oder mit der Schreibmaschine geschrieben. Da wäre noch einiges rauszuholen. Das geht aber nicht so nebenher.
Was wünschen Sie dem BDY zum 50. Geburtstag?
Na, Yoga doch. Was denn sonst? Ich wünsche dem BDY, dass er sich auf seine Grundlagen besinnt, die identisch sind mit der Yoga-Lehre an sich.
Das Interview führte Claudia Müller im April 2016 in Stuttgart.
Ich war bei der Planung des BDY 1967 in Berlin nicht dabei. Aber zum zweiten Treffen, der eigentlichen Gründung, am Ammersee bei Frau Hopfnr bin ich als Gründungsmitglied dabei gewesen. Ich gehörte lange der Ausbildungsgruppe des BDY an. Wir haben uns in Fulda getroffen und ein Gerüst für die Yoga-Lehrerausbildung aufgebaut.
Was bei mir damals, im Stil unserer Methode, zunächst direkt in den Spuren des Lehrers geschehen konnte, hat zur Erlaubnis zu Unterrichten geführt. An diese Stelle ist im Laufe der Zeit die Ausbildung in einen formalen Rahmen getreten.
Der BDY hat dafür gesorgt, dass eine gewisse Grundorientierung da ist, wie der Yoga weitergegeben wird. Denn es kann auch aller möglicher Unsinn mit Yoga
getrieben werden.
Der Verein wurde am 1. Mai 1967 in Berlin von neunzehn Mitgliedern gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern zählte der Berliner Neurologe Wladimir Lindenberg. Zur ersten Vorsitzenden wählte die konstituierende Mitgliederversammlung die Yogalehrerin Ingeborg Kurig-Kroeker aus Hannover.
Das damals vereinbarte Vereinsziel ist die Festlegung und Sicherung eines Qualitätsstandards für die Ausübung einer Lehrtätigkeit im Yoga.
Die Mitgliederzahl beträgt ca. 3600 (Stand 2013).
Der Verein ist Mitglied im Dachverband der Weiterbildungsorganisationen e.V. (DVWO).
Webseite des BDY:
http://www.yoga.de/bdy-berufsverband/
Zu Besuch beim ältesten Yogalehrer Deutschlands. Von Lukas Jenkner. StZPlus vom 5.10.2017
Seit mehr als fünf Jahrzehnten unterrichtet Rudolf Fuchs Yoga. Jetzt ist er 96 Jahre alt und hat nicht vor aufzuhören. Auf der Matte bei einem alten Mann mit einem jungen Herzen.
Rudolf Fuchs im Interview mit dem Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (BDY)
Wie kamen Sie zum Yoga?
Ich war in Wetzlar bei einem Schwager, der hatte in seinem Regal ein Buch stehen: »Ich lerne Yoga« von Hans-Ulrich Rieker. Das war der erste konkrete Schritt zum Yoga bei mir. Dass ich dieses Büchlein gelesen habe, fiel dann damit zusammen, dass ich eine Bekannte traf, die sagte: Ich gehe jetzt zu Herrn Hildebrand.
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