Können Sie bitte nochmal über das Zahnarzt-Beispiel sprechen?

Frage: Können Sie bitte noch einmal über das Zahnarzt-Beispiel sprechen?
Antwort: Gern, es beschreibt so zu sagen eine klassische Situation. Also, wenn ein Patient zum Zahnarzt geht, sagt der Zahnarzt zu ihm: „Bitte, nehmen Sie Platz“ – und dann: „Öffnen Sie den Mund“. Und so geschieht das – beim Zahnarzt. Anders im Yoga, genau an dieser – vergleichbaren – Stelle sagt der Patient bzw. der Übende: „Nein“. Ohne weit auszuholen, gibt es dafür eine Erklärung: Den Zahn kann sich der Patient nicht selbst behandeln – das weiß er aber was er vermutet, dass der Yogalehrer ihm beibringen will, meint er selbst zu können. Das stimmt, nützt jedoch nichts. Es geht nicht darum „es zu wissen“, es geht darum „behandelt“ zu werden – und das kann keiner mit sich selbst.

F: Es gibt doch aber erprobte Selbstbehandlungsmethoden, es gibt erfolgreiche Autodidakten, es gibt den selfmademan und sogar Selbstbeherrschung. Ist das im Yoga anders?
A: Im Gegenteil, hier ist es nur klarer beschrieben. Untersucht man nämlich die genannten Begriffe, wird man im Blick auf eine dritte Kraft immer fündig. Es gibt nicht nur den Menschen und seine Arbeit bzw. sein Problem. Nein, der liebe Gott, der innere Meister, ein Idol aus früheren Tagen, ein unbemerkt wieder erwecktes Ideal, die Erinnerung an eine entscheidende Lebenslage, ein Traum: Viele Einflüsse spielen eine mehr oder weniger erkennbare und dennoch mitwirkende Rolle. Im Yoga wird die Präsenz der dritten Kraft – anderswo auch „Unterbewusstsein“ genannt -, weder dem Zufall noch einer getrennt operierenden therapeutischen Situation überlassen: Der Umgang mit der innewohnenden Kraft gehört zu den regulären Übungsformen. Üben, helfen, heilen geschieht immer zu dritt: die Person, der – manchmal nur imaginativ anwesende – äußere Lehrer und der stets präsente innere Lehrer haben ihre festen Rollen.