Der Arzt kuriert – die Natur heilt
Medicus curat, Natura sanat
Der Arzt kuriert, die Natur heilt
Mit der Betrachtung des Themas „Yoga und Naturheilkunde“ im Rahmen der Yoga-Therapie erneuern wir die Blickrichtung auf einen wichtigen Aspekt des Yoga in seiner Gesamtheit.
Im Grunde bezeichnen die im Yoga vorgegebenen Schritte (die Glieder oder Stufen) einen in sich geschlossenen Weg, der keine Hilfen von außerhalb – auch nicht durch Naturheilkunde – braucht, um seiner Aufgabe gerecht zu werden.
Unsere Beobachtungen haben jedoch gezeigt, dass die Wirkung von Yoga-Āsanas (Körperhaltungen) – zumindest solange sie nicht lediglich als eines der insgesamt acht Gliedern des Yoga-Weges ausgeführt werden – durch Kombination mit anderen Anwendungen und Heilmitteln betont oder sogar verstärkt werden kann.
Das dabei entscheidende Element, nämlich: solche „andere Anwendungen“ definieren zu können – ohne dadurch den Vorrang der Übungen zu schmälern – hat einer sehr langen Zeit der Beobachtung bedurft.
Dass wir mit dem Schritt der neuerlichen Hinwendung zu diesem Thema trotzdem einen schmalen Grat der Redlichkeit gegenüber dem Yoga betreten, ist uns wohl bewusst. Dieses Wissen ist auch der Grund, weshalb unser Büchlein „Yoga und Naturheilkunde“ (erschienen 1977) über zwanzig Jahre ohne Fortsetzung blieb.
Inzwischen haben wir gelernt, naturheilkundliche Anwendungen, dazu gehören auch diätetische Maßnahmen, den Yogaübungen zuzuordnen, ohne deren Priorität, Energetik und Harmonie in jenen acht Gliedern, also im aṣṭānga-Kreislauf, zu stören.
In der Praxis wird leicht erkennbar sein, dass wir bei den Zuordnungen anderer Anwendungen hauptsächlich die Vermeidung oder Verminderung der aus bloßer Gewohnheit wirkenden Einflüsse im Auge haben.
An die Stelle bewusst oder unbewusst ausgeführter, wenig heilsamer Bräuche treten andere sinnvolle Verhaltensweisen.
Um es noch einmal zu sagen: Wir müssen darauf achten, dass die zugeordnete Maßnahme zugeordnet bleibt und nicht an die Stelle der Übung bzw. in den Rang eines Übungsgliedes tritt (siehe Tafel: aṣṭānga-Kreislauf).
Ein Beispiel:
Bei prāṇāyāma-Übungen sind „frische Luft“ sowie die Anweisung „tief und ruhig atmen“ willkommene Zutaten, ersetzen jedoch nicht die Entwicklung der Aufmerksamkeit gegenüber prāṇāyāma.
Prāṇāyāma bedeutet:
Die Aufmerksamkeit wandert, ohne Bemühung, vom „fest- und angenehm-Bewusstsein“ der Stufe āsana zum Bewusstsein der „autonomen Atembewegung“ der Stufe prāṇāyāma.
Noch ein Beispiel:
Das „Stille-Bewusstsein“ in dhyāna schließt die Stille der Hände mit ein und ordnet ihnen deshalb eine bestimmte Haltung zu: Die Hände sind gefaltet oder in jñāna-mudrā (Zeigefinger in der Beuge des ersten und zweiten Daumengliedes).