Wie setze ich es um?

Frage: In der Zeitschrift Yoga aktuell, Aug.-Sept. 2001, habe ich einen langen Artikel über die Yoga-Sutras gelesen, er stammt von Ravi Shankar, und alles, was da geschrieben steht, leuchtet mir ein und gefällt mir sehr gut, nur, wie setze ich es um?
Antwort: Ich kenne den Artikel und finde ihn – Vor allem im Verhältnis zu den meisten Äußerungen unserer Zeit über Yoga – ausgezeichnet. Shri Shri Ravi Shankar ist ein Inder, der den Westen und die Mentalität westlicher Menschen kennt, aber er ist kein Westler. Für indische Yogis gibt es die uns beherrschende Dominanz (und Arroganz) der Worte „Ich habe verstanden“, samt unserem Verweilen im vermeintlichen Besitzstand des Verstandenen, überhaupt nicht. Ein Lehrer wie Ravi Shankar unterwirft sich dem Gesetz viveka. Er unterscheidet. Er unterscheidet zwischen der thematischen Betrachtung eines Ereignisses und dem Vollzug des Ereignisses. Erst wenn wir Westler diesen Akt der Standortbestimmung – viveka – erkennen und befolgen, kann von Yoga im ursprünglichen Sinn der Lehre die Rede sein. Bei einem hochverdichteten Element wie den Yoga-Sutras ist unser Umgang mit der Technik viveka absolut unerlässlich.

Und hier beginnt die Beantwortung Ihrer Frage. Im Laufe von Jahrzehnten haben wir – in unserer Yoga-Schule – eine Technik entwickelt, die beiden Forderungen Rechnung trägt: der unverbindlichen Betrachtung des Themas und der Einlassung auf seine Wirksamkeit. Ich muss noch einmal betonen, dass es sich dabei um zwei verschiedene Maßnahmen handelt, mit der einen können Sie ein Yoga-Gelehrter werden, mit der anderen ein Yogi. Und wenn ich nun meine Antwort präzisieren soll, wird es schnell ganz einfach: 1. Sie lesen den Text und die Auslegungen zwei Wochen lang jeden Tag in der üblichen Weise. 2. Sie sprechen den Sanskrit-Text – so holprig und stolprig wie es eben geht – so lange, bis Sie es satt haben und sich einen richtigen Lehrer suchen.