Sie sagen, im Yoga sei alles anders. Deshalb komme ich zum Yoga. Wie geht das?

Frage: Sie sagen, im Yoga sei alles anders. Deshalb komme ich zum Yoga. Wie geht das?
Antwort: Im Yoga ist nicht der Inhalt „anders“, sondern der Apparat. Wenn wir einmal unseren Geist, unser denkendes Gemüt, so nennen wollen, dann sollten wir diesen Apparat auch im Yoga in der gewohnten Weise benützen, wir sollten eher lernen, noch klarer und rationaler zu denken und stark und deutlich zu fühlen. Bleibt es jedoch dabei, dann ist es zu wenig. Dieser Apparat hat weit mehr Fähigkeiten, als passiv Informationen aufzunehmen, sie zu memorieren und rational mit ihnen umzugehen. Dieser Apparat steckt voller eigener Ideen, er kümmert vor sich hin, wenn er keine Gelegenheit findet seine Vorstellungen auszudrücken. Dazu braucht der Apparat jedoch eine auf ihn selbst bezogene Technik und einen Arbeitsplatz. Ein Beispiel: Wir haben ein Brett und einen Hobel; das Brett soll besser, glatter, schöner werden – also nehmen wir den Hobel und bearbeiten das Brett. Wie ein Hobel arbeitet, meinen wir zu wissen – und so gehen wir mit ihm um.

Im Yoga verändern wir aber nicht in erster Linie das Brett – den Inhalt unseres denkendes Gemütes – sondern den Hobel. Anders ausgedrückt: Dieses Gemüt hat nicht nur die Fähigkeit mit seinen Inhalten umzugehen, es hat vor allem die Möglichkeit sich zu öffnen, offen zu sein für den (inneren) Genius. Es hat nicht nur die Qualität aus dem Bestand heraus zu schlussfolgern, sondern sich selbst zu erneuern, kreativ zu sein. Allerdings – hier kommt das große ABER – das gelingt nicht ohne große Disziplin. Deshalb beginnt Yoga mit den Worten „atha yoga-anuśāsanaṃ„, „jetzt folgt die Disziplin des Yoga“.

Wenn der Yoga nicht in der richtigen Reihenfolge gelehrt und gelernt wird, können wir in tiefe Abgründe stürzen oder in übertriebene Euphorien geraten. Wenn Sie also auf der sicheren Seite sein wollen, Ihre Kreativität zuzulassen aber nicht in Probleme zu geraten, dann fangen Sie dort an, wo der Anfang ist. Wie das im Einzelnen geht, wird Ihnen Ihr Yogalehrer sagen.

F: Sie reden vom „inneren“ Genius. Was ist damit gemeint?
A: Gut an Ihrer Frage ist, dass Sie den Kern des Problems beim Namen nennen.
Dass es höhere als die dem Menschen verfügbaren Mächte gibt, ist unbestritten. Wem sie zugeordnet werden, ist von Kulturkreis zu Kulturkreis verschieden. In der Yogapraxis hat der Übende die Chance sich auf die eigenen inneren Kräfte einzulassen. Diese Kräfte können wir auch den „inneren Genius“ nennen.